Eigenbedarfskündigung auch für Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) möglich

Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) vom 14.12.2016, Az.: VIII ZR 232/15

Die Klägerin in diesem Fall ist eine im Jahr 1991 gegründete, aus vier Gesellschaftern bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die das Anwesen mit einem bestehenden Wohnraummietverhältnis mit den Beklagten als Mieter im Gründungsjahr erworben hat. Nach Erwerb begann die Klägerin mit der Sanierung des Anwesens und der Aufteilung der Wohnungen, wobei einige inzwischen verkauft wurden. Die Wohnung der Beklagten ist die letzte Wohnung, die noch nicht saniert ist. Im September 2013 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis und begründete dies mit Eigenbedarf der Tochter eines der Gesellschafter.

Der BGH entschied zunächst, dass der - seinem Wortlaut nach auf natürliche Personen zugeschnittene - Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB in den Fällen entsprechend anzuwenden ist, in denen als Vermieterin eine teilrechtsfähige (Außen-) Gesellschaft des bürgerlichen Rechts auftritt. Der BGH hat damit seine bisherige Rechtsprechung, wonach einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ein Eigenbedarf eines Gesellschafters oder deren Angehörigen "zuzurechnen" ist, im Ergebnis bestätigt.

Der Zweck der Kündigungsregelungen in § 573 BGB besteht nach Ansicht des BGH darin, einerseits den vertragstreuen Mieter, für den die Wohnung einen Lebensmittelpunkt darstellt, vor willkürlichen Kündigungen zu schützen, andererseits aber auch dem Vermieter die Befugnis einzuräumen, sich bei Vorliegen eines triftigen Grundes aus dem Mietverhältnis lösen zu können. Durch die Anerkennung einer Teilrechtsfähigkeit einer (Außen-) Gesellschaft des bürgerlichen Rechts sind zwar nicht mehr die Gesellschafter als natürliche Personen Vermieter, sondern die Gesellschaft ist selbst Vermieterin geworden, so dass der auf natürliche Personen zugeschnittene Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht mehr direkt anwendbar ist. Die Interessenlage hat sich aber nicht verändert. Insbesondere hatte die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit einer (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nicht zum Ziel, die ihr bis dahin zukommende Rechtsposition zu beschneiden. Die Geltendmachung des Eigenbedarfs eines Gesellschafters oder dessen Angehörigen ist in allen wesentlichen Punkten einer Miteigentümer- oder Erbengemeinschaft vergleichbar, die sich als rechtlich nicht verselbständigte Zusammenschlüsse natürlicher Personen unmittelbar auf § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB berufen können.

Zudem hat hier der BGH in Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung ausgesprochen, dass ein unterlassenes Anbieten einer anderen freien Wohnung nicht die Unwirksamkeit einer berechtigt ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung zur Folge hat. Hierdurch stellt sich eine - rechtswirksam - ausgesprochene Kündigung nicht nachträglich als unzulässige Rechtsausübung dar, sondern zieht wegen Verletzung der mietvertraglichen Rücksichtnahmepflichten des Vermieters lediglich Schadensersatzansprüche nach sich. Dem Mieter können daher allenfalls Ersatzansprüche in Geld für hierdurch entstandene Schäden (etwa Umzugs- und Maklerkosten) zustehen.

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